Erwachsene mit PWS – eine wachsende Bevölkerungsgruppe 2017-02-26T21:18:13+00:00

Erwachsene mit PWS – eine wachsende Bevölkerungsgruppe

Von Dr. Susanne Blichfeld
Medizinischer Beirat IPWSO
Glostrup University HospitalDänemark

Power Point Präsentation u. Vortrag bei BetreuerInnen – Konferenz Herne /BRD 5. Juni 2008
Mutter eines erwachsenen Sohnes mit PWS
Übersetzt: Dr. Verena Wanker-Gutmann/ Univ. Doz. Dr .Olaf Rittinger

Besondere körperliche Bedingungen, die wir kennen und auf die wir achten müssen

PWS Erwachsene ab 18 Jahren
Durchschnittsgröße: Frauen 148 cm
Männer 156 cm
oder: ca. 14 cm kleiner als die Geschwister

Unvollständige Pubertät ( physisch unreif)
Vor 30 sehen sie jünger aus … nach 30 älter (Sexualhormonmangel, vielleicht auch Wachstumshormonmangel?)

Was fällt uns bei PWS häufig auf?
• Viele haben Übergewicht, wegen der fehlenden Appetitsteuerung
• Viele sind Brillenträger
• Viele haben Probleme mit dem Rücken und den Gelenken
• Viele haben Probleme mit Ödemen und der Haut

Was fällt uns auf ersten Blick NICHT auf
• OSTEOPOROSE: mehr als 90% über 30 Jahre
• DIABETES ( häufig, Typ II-ähnlich)
• HERZ – KREISLAUF Probleme
• Probleme mit der LUNGE
• BAUCH und VERDAUUNGSPROBLEME
• SCHLAFSTÖRUNGEN

PWS – Besonderheiten die wir wissen müssen
• Andere Reaktionen auf einige Medikamente
• Andere Temperaturempfindung
• Temperaturschwankungen
• Andere Schmerzempfindung
• Anderes Schlafmuster
• Anderes Verhalten und Psychologie
• Risiko: psychiatrische Krankheiten im Erwachsenalter

Augen und Sehvermögen
• Viele haben Brillen
• DAS SEHVERMÖGEN IST SEHR WICHTIG BEI PWS – Was man sieht an das erinnert man sich!

• Bei PWS kann die Brille schon früh notwendig sein
• Jedes 2. -3. Jahr zum Augenarzt!
• Ab 40: vergiss deine Brille nicht!

Zähne
• Die ersten Zähne haben oft einen weichen Zahnschmelz
• Die zweiten Zähne sind kräftig, wenn man auf sie acht gibt!
• Oft zuwenig Speichel – belegte Zähne!
• Am besten Zähneputzen nach jeder Malzeit!
• Halbjährlich zum Zahnarzt!
• Zähneknirschen?? Sprechen Sie mit dem Zahnarzt

Der Rücken
• KYPHOSE ( Hals – und Rückenkrümmung) wegen der schwachen Nacken und- Rückenmuskulatur
• Körperübungen können eine dauerhafte Kyphose verhindern
• SKOLIOSE: S-Form der Wirbelsäule; häufigStabilisierende Operation (Orthese) kann notwendig sein

Beine und Füße
• Schmerzen und Ödeme wegen der schwachen Muskulatur in Hüften, Knie und Füßen.
• FÜSSE: viele gehen auf den Kanten, einige brauchen Schuheinlagen um Schmerzen und eine Verschlechterung zu verhindern

Die Haut
• Die Haut ist empfindlich, häufige Hautverletzungen
• Vorsicht vor der Sonne!
• HAUTKRATZEN – PWS-Besonderheit: Abdecken mit Pflaster oder Handschuh
• LOBEN wenn Hautverletzungen heilen
• Infektionen und Ödeme verhindern

OSTEOPOROSE: schwache Knochen
• 90% in den USA ab dem 30. Lebensjahr
• 30% aller Erwachsenen (PWS) in Großbritannien ab dem 18. Lebensjahr
• Sexualhormon – und Wachstumshormonmangel

KNOCHENBRÜCHE – RISIKO! Wird öfter übersehen
Knochenscanning macht Osteoporose sichtbar
Denken Sie an Vitamin D und Kalzium

HERZ und Kreislauf
• Übergewicht ist ein Krankheitsfaktor
• Einfluss des Wachstumshormons?
• Kreislaufprobleme wegen der Ödeme (zu viel Wasser im Körper ist problematisch)
• Zu hoher Blutdruck? Kontrolle!

Lunge
• Die meisten Personen mit PWS haben keine Lungenkrankheit – aber sie können ein zu kleines Lungenvolumen haben
• ASTHMA kann bei PWS auftreten
• Der CO2 Austausch beim Atmen wird durch Wachstumshormongabe verbessert (auch ein tieferes Atmen)
• Schlaf-Apnoe: lange Atempausen: Gestörter Atemrhythmus oder Blockierung? Test!
• CPAP – Therapie (Atemgerät) kann einigen helfen

Magen und Verdauungstrakt
• Sind die inneren Bauchmuskeln zu schwach?AKUTE MAGEN ERWEITERUNG
• Aufgrund des zu vielen Essens! Gastroenteritis? (entzündliche Erkrankung des Magen-Darm-Traktes)

Suchen Sie den Arzt auf :
Geblähter Bauch, Erbrechen und bleiches Gesicht
ALARMSIGNAL, WENN EINE PERSON MIT PWS NICHT ESSEN WILL!

Andere innere Bauchprobleme
• GALLENSTEINE, bei PWS nicht selten
• VERSTOPFUNG kann behandelt werden
• Afterblutung? Kratzen?
• Magenbanding wegen Übergewicht: kann SEHR gefährlich sein (Magenruptur!)

Diabetes bei PWS
• Aufgrund von Übergewicht: BMI über 30 kg/m2
• Häufig – wenn Typ II Diabetes in der Familie
• Nüchtern- Blutzuckertest wenn der BMI über 30!

Therapie:
• Medikamente, Gewichtreduktion und Diät
• Wenn Gewicht reduziert genügt oft Diät
• Unbehandelt? Großes Gesundheitsrisiko: Augen, Niere, Herz

Weitere PWS Besonderheiten
• Schlafprobleme: sehr leichter Schlaf
• Einschlafen tagsüber

Schlaf-Apnoe zentral
• Temperaturprobleme: kein Fieber
• Fühlen nicht HEISS bei warmen Wetter
• Überwässerung des Körpers: Vorsicht mit Medikamenten gegen Bettnässen und einigen neurotropen Medikamenten

Medikation und Narkose
• Körperzusammensetzung: geringe aktive Körperzellmasse: Wenig Muskeln und schwache Knochen unter der Fettmasse
• Für die Medikation geringes Körpervolumen
• Risiko zur Überdosis: Psychopharmaka, Antiepileptika, Antihistamine (gegen Allergien)
• Medikation bei Narkose: Rat: mit niederer Dosis beginnen

Gefahrenzeichen bei PWS
• Will nicht essen
• Erbrechen
• Ruhig und müde, will sich einfach hinlegen
• Will nicht schlafen
• Verändertes Verhalten
• Will nicht aufstehen (Knochenbruch?)

Pubertät
• Unbehandelt oft unkomplett
• Frühe Adrenarche (Schamhaare), aber kein Wachstumsschub
• Männer: kleine Genitalien, hohe Stimme, kein Bartwuchs
• Frauen: meist geringe oder keine Menstruation: ABER: nicht alle Frauen sind unfruchtbar
• Sexualberatung für alle wichtig

Hormonmangel
• Sexualhormonmangel: bei vielen Erwachsenen
• Wachstumshormonmangel: wahrscheinlich bei Vielen
• Schilddrüsenhormonmangel: nicht häufig, aber zu überprüfen!
• Immer: individuelle Evaluation (Bluttest)
• Geringe Hormongaben können notwendig sein
• Zuwenig Sexualhormon: schwache Muskelnfrüheres AlternOsteoporose

PWS und Psychiatrie
Erwachsene mit PWS weisen öfters psychiatrische Krankheiten auf als andere. Besonders jene mit dem genetischen Befund einer uniparentalen Disomie
Wichtig zu wissen:
Es kann vorkommen! – besonders nach sehr stressigen Situationen

Es ist wichtig psychiatrische Krankheiten von Verhaltensauffälligkeiten zu unterscheiden: zwei verschiedene Ursachen und Therapieansätze.

PWS Therapie – Was können wir tun?
Gewicht und Ernährung
• Übergewicht vermeiden. d.h.BMI über 27kg/m2 (Kilos/ m x m)
• BMI über 30: Gesundheitsrisiko
• normal: BMI 19 – 24
• Übergewicht beeinträchtigt die Bewegung
• Übergewicht kann Diabetes verursachen

• 6 Mahlzeiten pro Tag, 3 große, 3 kleine
• so könnte es sein ( so hat es sich bewährt)um: 7.00 10.00 12.00 15.00 18.00 20.30

• das ergibt einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel , jeder fühlt sich sicher, keine Diskussionen
• zur Diätberatung 2 – 4 x im Jahr, regelmäßig

Eine besondere Diät? NEIN!
• gesunde fettarme Ernährung
• eine Spezialdiät kann zu einer Fehlernährung führen
• Befolgen Sie die Ratschläge der Ernährungsberatung
• Diskutieren Sie nicht über die Ernährung, machen Sie einen Plan und vermitteln Sie, dass SIE sich darum kümmern
• Vergewissern Sie sich, dass der/die Diätologe/in über PWS Bescheid weiß

Gewicht und Bewegung
• Wenn du mehr Energie aufnimmst als du verbrauchst nimmst du an Gewicht zu
• Energie ist in jedem Nahrungsmittel, am meisten aber im Fett
• Rohes und gedünstetes Gemüse hat wenig Kalorien (aber reich an Vitaminen)
• Obst kann den Blutzucker erhöhen

PWS und Physiotherapie
GANZ WICHTIG!!
• Jedes halbe Jahr zur Physiotherapie um Muskeln und Gelenke zu überprüfen
• Tägliches Angebot : Körperübungen und Gehen
• Tägliches Programm zu Hause: 5-10 min für alle Gelenke
• Mindesten 2x in der Woche: Gymnastik, Reiten, Schwimmen, Tanzen usw.

Sexualhormontherapie?
• Individuell verschieden; nicht für jede(n) notwendig
• Geringe Dosierung ab 16 – 18 Jahren : Pflaster oder Tabletten
• Um Osteoporose vorzubeugen
• Um dem frühen physischem Altern vorzubeugen

Andere Hormone?
• Überprüfung eines Wachstumshormonmangels auch bei Erwachsenen mit PWS
• Schilddrüsenhormonmangel wurde auch beobachtet
• Kortikoide scheinen normal zu sein

Psychiatrische Krankheiten
kommen bei PWS häufiger vor und wenn:
• Diagnose und Therapie sehr wichtig
• Medikamentöse Behandlung kann notwendig sein – manchmal nur vorübergehend
• Mit niedriger Dosis beginnen, manche Personen mit PWS haben einen niedrigen Stoffwechsel
• Nebenwirkungen können auftreten

Gesundheitscheck für Erwachsene mit PWS

• Arztbesuch jedes 1/2 – 1 JahrSchreiben Sie vor dem Besuch Ihre Fragen auf
• Zu überprüfen: Gewicht, Blutdruck Lunge, Herz, Kreislauf, Ödeme? Haut, Zähne, Gelenke, Rücken
• Medikamente? Ernährung? Sexualität?
• Bluttest notwendig? (Hormone, Diabetes?)
• Zur Ernährungsberatung? Physiotherapie? Anderer Facharzt?

An was muss man noch denken?
Schreiben Sie ein BUCH: ein Tagebuch über das Alltagsleben (das könnte ein wichtiges Dokument für den PWS – Betroffenen sein; aber auch für BetreuerInnen und für neue Kontakte); Wie war er /sie vorher? Gibt es Veränderungen?

Und außerdem…..
Es gibt noch vieles, das wir nicht wissen…

Menschen mit PWS sind verschieden, so wie wir alle und wir können uns über ihre fröhliche Art freuen. Viele müssen schwer kämpfen, sie geben ihr bestes, PWS zu haben ist nicht leicht.
Alle Bedürfnisse einen PWS- Betroffenen versuchen zu verstehen ist die beste Unterstützung die wir anbieten können.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!
Mit den besten Wünschen für Sie und unsere Freunde mit PWS